Eine Frau steht an einem Schreibtisch und lächelt. Sie schreibt dabei etwas in ein Notizheft.
Geändert am : 19.09.2023 11:04
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Ziele erreichen: Rubikon Modell der Handlungsphasen

Manchmal setzen wir uns hoch motiviert neue Ziele und handeln trotzdem nicht, um diese zu erreichen. Ein gutes Beispiel hierfür sind Neujahrsvorsätze. Am Anfang des Jahres nehmen wir uns die Umsetzung unterschiedlicher Ziele vor, die wir schon lange vor Augen haben und spätestens im Februar merken wir, dass es bei den Vorsätzen geblieben ist. Entweder haben wir gar nicht erst angefangen an unseren Zielen zu arbeiten oder das Durchhaltevermögen und Neujahrsvorsätze hat nach einiger Zeit nachgelassen und wir sind wieder in alte Verhaltensmuster zurückgefallen.
Eine Erklärung dafür, dass wir manche Ziele verfolgen und andere wiederum nicht, kann das Rubikon Modell liefern. Das Rubikon Modell stammt aus der Motivationspsychologie und wurde von dem Psychologen Heinz Heckhausen entwickelt. Es beschreibt, wie Motivations- und Handlungsprozesse ablaufen. So kann es gute Vorhersagen darüber liefern, wie wir uns von der ersten vagen Idee bis hin zu der Erreichung eines festgelegten Ziels verhalten.

Das Rubikon Modell besteht aus vier Handlungshasen:

1

Abwägungsphase

Die erste Phase ist die Abwägungs- oder prädezionale Phase. Sie ist die Phase vor der Entscheidung. In dieser Phase haben wir verschiedene Wünsche und Ziele vor Augen. Wir müssen uns erstmal im Klaren darüber werden, was wir eigentlich wollen. Daher wägen wir zwischen unseren Zielen und Wünschen ab und überlegen uns, welche wir davon erreichen möchten.
Hier werden die Kosten den Nutzen der unterschiedlichen Ziele gegenübergestellt. In dieser Phase ist die Informationsverarbeitung zunächst rational. Die Pro- und Kontra Argumente werden unparteiisch betrachtet.
Typische Fragen in dieser Phase sind zum Beispiel:

  • Wie aufwendig ist es, mein Ziel zu erreichen?
  • Wie wichtig ist mir dieses Ziel?
  • Möchte ich den Aufwand in Kauf nehmen?
  • Wie realistisch ist es, dass ich Erfolg habe?

Wenn wir uns dann für ein Ziel entschieden haben, überschreiten wir den Rubikon*. Der Rubikon ist der Übergang vom Wählen zum Wollen. Ein Punkt, an dem wir fest entschlossen sind und ab dem es "kein Zurück" mehr gibt.
Psychologisch gesehen gibt es ab diesem Zeitpunkt kein Zurück mehr, da wir eine Entscheidung getroffen haben. Ein Rückzieher wäre mit psychologischen Kosten verbunden. Im Zweifel würden wir diesen als Niederlage oder Versagen erleben. Wir müssten dann vor uns selbst rechtfertigen, warum wir nichts zur Zielerreichung getan haben, obwohl wir uns diese fest vorgenommen haben.

Beispiel

Sie haben unterschiedliche Ziele im Kopf. Zum Beispiel haben Sie schon seit länger Zeit vor, etwas für Ihre Gesundheit zu tun und würden hierfür gerne joggen gehen. Des Weiteren möchten Sie sich schon länger fortbilden und denken darüber nach, sich neben der Arbeit an einer Universität einzuschreiben, um zu studieren. Wenn Sie den Aufwand und den Nutzen Ihrer Ziele abwägen, stellen Sie fest, dass joggen zu gehen ein Ziel ist, welches sich gut umsetzen lässt und der gesundheitliche Nutzen stellt für Sie einen grossen Mehrwert dar. Ein Studium neben der Arbeit bringt sehr viel Aufwand mit sich. Zudem wissen Sie nicht, ob Sie das Gelernte in Ihrem Beruf anwenden können und ob der Nutzen für Sie gross genug ist. Aufgrund dessen entscheiden Sie sich vermutlich für das Joggen gehen und gegen ein Studium.

*Der Rubikon stellt hier im Modell eine Metapher dar. Der Name Rubikon verweist auf den römischen Feldherren Julius Caesar. Dieser überquerte 49 v. Christus den italienischen Fluss Rubikon mit seinem Heer. Diese bewusste Entscheidung für das Überschreiten des Rubikons war gleichzusetzen mit einer Kriegserklärung gegen die römische Republik. Mit seiner bewussten Entscheidung, den Fluss in Richtung Rom zu überqueren, hat Caesar dem römischen Reich den Krieg erklärt und zudem akzeptiert, dass es kein Zurück mehr gibt.

2

Planungsphase

Nachdem Sie sich für ein Ziel entschieden haben, folgt die zweite Phase, die präaktionale Phase. In dieser Phase geht es darum, dass Sie Ihr Handeln planen.
Hier findet die Informationsverarbeitung anders als bei der ersten Phase einseitig statt. Kontra Argumente werden höchstwahrscheinlich nicht in Erwägung gezogen und Pro Argumente nochmal aufgewertet.
Es geht nicht mehr darum, ob Sie Ihr Ziel verfolgen und warum, sondern vielmehr wie Sie es schaffen an Ihrem Ziel zu arbeiten. In dieser Phase fokussieren wir uns auf alles, was zur Erreichung des Ziels von Bedeutung ist.

Beispiel

In dieser Phase sorgen Sie dafür, dass alles vorhanden ist, was Sie zur Zielerreichung benötigen. Zum Beispiel besorgen Sie sich zunächst Sportkleidung und die richtigen Schuhe zum Joggen, falls Sie diese benötigen. Zudem legen Sie einen Zeitpunkt fest und warten auf die richtige Gelegenheit, um ins Handeln zu kommen. Sie fassen beispielsweise den konkreten Vorsatz, morgen vor der Arbeit joggen zu gehen. In dieser Phase denken Sie nicht mehr rational und unparteiischen. In der Abwägungsphase wäre schlechtes Wetter ein Kontra-Argument für Sie gewesen. In der Planungsphase suchen Sie nach Argumenten, um ein mögliches Kontra-Argument zu entkräften. Zum Beispiel würde die Kälte im Winter keine Rolle spielen, da Sie sich schnell warmlaufen. Sie führen sich öfter vor Augen, warum Sie Ihr Ziel erreichen wollen. Sie stellen zum Beispiel die positiven Aspekte wie den Einfluss auf die Gesundheit nochmals heraus. Zudem motivieren Sie sich, indem Sie zum Beispiel vorab eine Playlist mit passenden Liedern fürs Joggen zusammenstellen.

3

Handlungsphase

In der dritten Phase, der aktionalen Phase, führen Sie Ihren Plan aus und kommen ins Handeln. Diese Phase erfordert die meiste Energie und vor allem Durchhaltevermögen. Die Herausforderung in dieser Phase besteht darin, sich nicht ablenken zu lassen und sich stets weiter zu motivieren.

Beispiel

Sie befinden sich in der Handlungsphase und joggen gerade. Die Herausforderung besteht darin, bis zum Ende durchzuhalten und nicht auf halber Strecke abzubrechen, weil das Joggen zum Beispiel zu anstrengend ist. Falls Ihr Ziel darin besteht, konzentriert an einer Sache zu arbeiten, ist die Herausforderung in dieser Phase zum Beispiel sich nicht von Ihrem Handy ablenken zu lassen.
4

Bewertungsphase

Die letzte Phase ist die postaktionale Phase. In dieser Phase bewerten Sie Ihren Erfolg. Sie stellen fest, ob Sie Ihr Ziel erreicht haben oder nicht und suchen hierfür eine Erklärung. In dieser Phase bewerten Sie Ihr Vorhaben wieder rational und unparteiisch. Die Beurteilung hat dann Einfluss auf die Planung und Durchsetzung zukünftiger Ziele.

Beispiel

Bei dem Vorhaben Joggen zu gehen könnte die Bewertung zum Beispiel so aussehen, dass Sie sich überlegen, wie Sie sich während des Joggens und nach dem Joggen gefühlt haben. Zum Beispiel ob es unangenehm war und Sie sich für eine andere Sportart entscheiden oder ob das Gefühl nach dem Joggen so positiv war, dass Sie sich entscheiden, weiterhin Joggen zu gehen. Sie könnten sich auch dazu entscheiden Ihre Ansprüche abzusenken, wenn Sie bemerken, dass Sie sich zu viel vorgenommen haben und sich eine kürzere Strecke für das nächste Mal vornehmen.

Kritik zum Rubikon Modell

Das Rubikon-Modell ist wie bei allen psychologischen Modellen eine idealtypische Vorstellung, wie wir Menschen uns bei Entscheidungsprozessen und der Zielerreichung verhalten. Vermutlich wird diese idealtypische Abfolge in der Realität nicht so ablaufen. Zum Beispiel kann es auch vorkommen, dass Sie bereits in der Phase der Planung merken, dass Ihre Ziele nicht realistisch zu erreichen sind und Sie werden Ihre Ansprüche schon vor der Bewertung runterschrauben. Es könnte auch sein, dass Planung und Handlung ineinander übergehen, da die Erreichung Ihrer Ziele komplexer ist und Sie mehrere Zwischenschritte brauchen.

Fazit: Wie können Sie das Rubikon Modell nutzen?

Wenn Sie einmal verstanden haben, wie Sie sich in welcher Phase verhalten, dann können Sie Ihr Verhalten bis hin zur Zielerreichung massgeblich beeinflussen.

  • Motivation steigern und beibehalten: Halten Sie Ihre Ziele schriftlich fest oder erzählen Sie anderen von Ihren Zielen. Das schafft eine zusätzliche Verpflichtung und Verbindlichkeit.
  • Fokus: Fokussieren Sie sich auf Ihre Ziele und halten Sie bis zur Erreichung durch. Schliessen Sie erstmal ein Ziel ab, bevor Sie mit einem Neuen beginnen.
  • Positives Denken: Konzentrieren Sie sich auf die positiven Aspekte, anstatt sich auf die Hürden zu fokussieren. Führen Sie sich den Mehrwert vor Augen, den Sie bei der Erreichung Ihrer Ziele gewonnen haben.